Die Hanse – Ein Netzwerk des mittelalterlichen Welthandels
Soest und Brügge – zwei Städte, die auf den ersten Blick weit voneinander entfernt liegen, waren im Mittelalter eng miteinander verbunden. Sie waren Teil der Hanse, dem mächtigen Bund norddeutscher Kaufleute und Städte, der seit dem 12. Jahrhundert Handel, Politik und Wohlstand in Nordeuropa entscheidend prägte.
Während Brügge heute mit seiner prachtvollen Altstadt Besucher aus aller Welt begeistert, erinnert auch Soest mit seinen Grünsandsteinbauten, Stadtmauern und Kirchen an seine große Vergangenheit – darunter seine Rolle im internationalen Handel.
Auf den Spuren der Soester Kaufleute habe ich die Stadt Brügge persönlich erkundet und die erhaltenen Zeugnisse aus der Zeit um 1400 sehen können.
Soester Kaufleute im „Haus der Osterlinge“ in Brügge
**Gemeinfreie Lizenz
Im Herzen von Brügge befand sich das berühmte „Haus der Osterlinge“ – der Versammlungsort der deutschen Hansekaufleute. Hier tagten die Ältermänner, es wurde verhandelt, gelagert, geschrieben – und mittendrin: Kaufleute aus Soest.
Sie handelten mit flämischen Tuchen, nahmen an Ratsversammlungen teil und wirkten an der Organisation des Brügger Hansekontors mit. Einer von ihnen war Heinrich Vultur, ein angesehener Kaufmann aus Soest, der im 14. Jahrhundert als Oldermann, also als führender Vertreter der Hansekaufleute, in Brügge tätig war.
Die Familie Ferner: Soest im Fernhandel mit Flandern und England
Zwei weitere bekannte Namen sind Godescalkus und Herbert Ferner – Soester Kaufleute, die um 1300 mit Waren wie Wolle, Tuch, Schwefel und Kurzwaren handelten. Dies belegen Originaleinträge aus mittelalterlichen Zollbüchern:
Diese Quellen zeigen eindrucksvoll, wie Soest mit flämischen Städten wie Brügge und englischen Häfen wie Hull oder Boston im Austausch stand – lange vor dem Begriff der „Globalisierung“. Quelle: lwl.org
Eine (wahre) Geschichte zur Geschichte: Soest, 1300
Stellen Sie sich vor, wir stehen auf dem Marktplatz in Soest – im Jahr 1300. Zwei Kaufleute, Godescalkus und Herbert Ferner, Brüder oder Vettern, bereiten ihre nächste große Lieferung vor. Der eine stapelt 25 Sack westfälischer Wolle für den Export nach Flandern oder England. Der andere handelt mit Tüchern, Schwefel und Kurzwaren – klein, aber fein und gefragt. Ihre Namen sind in den alten Zollregistern verzeichnet – stumme Zeugen einer lebendigen Handelszeit.
Und wer weiß – vielleicht lagerten die Säcke der Ferner-Brüder damals in einem der Häuser, die heute ein Café oder Geschäft beherbergen.
Soest – damals und heute: voller Geschichte und Geschichten
Diese und viele andere Soester Geschichten zur Geschichte lassen sich bei meinen Stadtführungen hören, sehen und erleben. Zum Beispiel die Altstadtführung, “Wenig gehen-viel sehen” oder Hansegeschichte live erleben.
**Scan einer zeitgenössischen Abbildung (Stich), abgebildet in Graßmann, Lübeckische Geschichte, 1989, S. 215 ISBN 3 7950 3203 2 aus dem Bestand des Archiv der Hansestadt Lübeck